Neue Technik hilft nach Schlaganfall
Neue Technik hilft nach Schlaganfall
Hypnose ist wird im Bereich der Schlaganfall-Reha seit Jahrzehnten eingesetzt. Bei Lähmungen, Sprachstörungen und anderen schlaganfalltypischen Folgeerscheinungen konnte schon eine Viehlzahl von erfolgen erzielt werden.
Bereits nach dem Ersten Weltkrieg hatten amerikanische Wissenschaftler festgestellt, dass die Funktionen von zerstörten Nervenbahnen durch entsprechende hypnotische Suggestionen von den erhaltenen, gesunden Nervenbahnen übernommen werden können.
Neue Forschungen außerhalb der Hypnose haben nun hervorragende Ergebnisse bei der Behandlung der schlaganfallbedingten Broca-Aphasie ergeben. Diese Forschungen könnten eine gute Basis für die Entwicklung neuer Behandlungskonzepte mit Hypnose sein.
Hintergrund-Info: Die Broca-Aphasie
Vorab eine Erläuterung der Broca-Aphasie:
Die Broca-Aphasie ist eine nach dem französischen Neurologen Paul Broca benannte Sprachstörung (Aphasie), bei der das Sprechzentrum im Frontallappen (das Broca-Areal) geschädigt oder in seiner Funktion beeinträchtigt ist. Bei ihr wird hauptsächlich die Sprachproduktion, weniger aber das Sprachverständnis beeinträchtigt.
Die Broca-Aphasie zeichnet sich durch langsame und zögerliche Sprechweise mit unterschiedlich starken Wortfindungsstörungen aus.
Typisch für die Broca-Aphasie ist eine stark eingeschränkte Grammatik, die man auch als Agrammatismus bezeichnet.
Die Betroffenen sprechen zumeist im Telegrammstil. Bsp: "Erst aufgewacht - dann gefrühstückt - brumm brumm - Büro"
Das Sprachverständnis bleibt bei dieser Sprachstörung jedoch oft weitgehend erhalten. Lediglich komplexere grammatikalische Konstruktionen machen den Patienten manchmal Schwierigkeiten.
Durch das gute Sprachverständnis erkennen die Mängel in ihren eigenen Formulierungen recht deutlich und haben deshalb oft ein ausgeprägtes Störungsbewusstsein.
Infos zu den Forschungen
Schlaganfallpatienten mit einer Broca-Aphasie wurde mit Hilfe einer von Forschern der University of South Carolina Methode, die sich Sprach-Entrainment ("Speech Entrainment") nennt wieder flüssiges Sprechen beigebracht.
Den Begriff "Entrainment" kennen einige Leser vielleicht aus dem Bereich der Mind-Machines. Als Entrainment bezeichnet man in der Physik den Effekt, der der Synchronisation zugrunde liegt. Im Falle der Mind-Machines werden Frequenzen in Form von Licht-Flackern oder Tönen (wie bspw. bei Alpha 10 Hz) mit dem Ziel wiedergegeben, dass das Gehirn sich "an sie hängt" und in Folge der Wahrnehmung dieser Frequenzen die selben Frequenzen selbst generiert.
Die Aphasie, eine schwere Kommunikationsstörung, die durch Beschädigungen der linken Hemisphäre des Gehirns ausgelöst wird und wie oben erläutert an der eingeschränkten Sprachfähigkeit erkennbar ist, tritt bei etwa einem Drittel alle Schlaganfallpatienten auf und beeinträchtigt die private und berufliche Kommunikation deutlich.
Durch die Sprach-Entrainment-Technik, bei der unter anderem das Sprechen anderer Menschen nachgeahmt wird, konnten deutliche Verbesserungen der Sprachfähigkeit von Patienten erreicht werden. Die Ergebnisse der von den Forschern der University of South Carolina durchgeführten Studie wurden Ende 2012 in der neurologischen Fachzeitschrift Brain veröffentlicht.
"Das ist das erste mal, dass wir Patienten mit einer Broca-Aphasie in flüssigen Sätzen sprechen gehört haben", sagt Julius Fridriksson, der Leiter der Studie und Professor für Kommunikationswissenschaften und -störungen an der Arnold School of Public Health, einer auf diese Bereiche spezialisierten Einrichtung der University of South Carolina. "Diese Studie vermittelt und Erkenntnisse über die Gehirnfunktionen nach einem Schlaganfall und bringt Hoffnung für tausende von Menschen, die jährlich einen Schlaganfall erleiden".
In Fridrikssons Studie führten 13 Patienten drei verschiedene Aufgaben durch, aufgrund derer die Effekte des Sprach-Entrainments untersucht wurden.
Während des "Speech Entrainment-Audio Visuals", wie eine dieser Aufgaben genannt wird, sollten die Patienten einen Sprecher nachahmen, dessen Mund sie auf dem 3,5 Zoll großen Bildschirms eines MP3- bzw. MP4-Players sehen konnten, und dessen Stimme sie gleichzeitig über Kopfhörer hören konnten.
In der Aufgabe "Speech Entrainment-Audio Only" sollten die Patienten einen Sprecher nachahmen, den sie nur über die Kopfhörer hörten, während der Bildschirm leer blieb. In der dritten Aufgabe sollten die Patienten spontan über ein Thema sprechen, ohne dabei einen anderen Menschen zu sehen oder zu hören.
Jeder Patient absolvierte ein dreiwöchiges Trainingsprogramm, bei dem das Sprechen täglich mit Sprach-Entrainment trainiert wurde.
Insgesamt führte das Training zu einer deutlichen Verbesserung der spontanen Sprachproduktion. Ein Ergebnis, das bei Betroffenen ansonsten nur sehr selten erreichbar ist.
Die Patienten waren am Ende sogar in der Lage, ein kurzes Video, in dem sie von ihren Erfahrungen berichten, zu erstellen.
Brainmaps der Patienten halfen dem Forschungsteam dabei, die Mechanismen, die am Sprach-Entrainment beteiligt sein besser zu untersuchen.
"Erste Ergebnisse der Studie zeigen, dass das Sprach-Entrainment die Sprachproduktion von Patienten mit Broca-Aphasie verbessert und damit eine mögliche therapeutische Methode für eine Störung, die sich lange Zeit als sehr schwer behandelbar gezeigt hat, darstellt", sagt Prof. Fridrisson.
Mögliche Kombinierbarkeit mit Hypnose
Eine klassische Vorgehensweise der Hypnose bei Sprachstörungen ist es, eine leichte bis mittlere Trance zu induzieren, den Klienten dann visualisieren zu lassen, wie er fließend und frei spricht, dies mit entsprechenden Suggestionen zu untermalen und als Zusammenfassung suggestiv wiederzugeben und anschließend mit ihm das konkrete Sprechen (in Trance) zu üben.
Oft werden schon während der Trance Verbesserungen erkennbar, die dann am Ende des "Trainings in Trance" suggestiv verankert werden.
Das "Sprach-Entrainment" könnte nun als interessante Erweiterung genutzt werden.
Dazu bieten sich folgende Optionen an:
Klassisches Sprachtraining mit Hypnose und Sprach-Entrainmend werden parallel und unabhängig voneinander durchgeführt. Das Sprach-Entrainment wird mit Hypnose kombiniert - das heißt, beim Patienten wird vor dem Training mit dem Bildschirm / den Kopfhörern eine Hypnose eingeleitet und der führt das Training in einem fraktionierten Zustand aus
Die Hypnose wird mit Sprach-Entrainment unterstützt - zuerst wird ein normales hypnotisches Sprachtraining durchgeführt, direkt anschließend wird das Sprach-Entrainment absolviert
Das Sprach-Entrainment wird rein virtuell durchgeführt - der Patient imaginiert das Entrainment-Setting unterstützt von entsprechenden Suggestionen. Er hat also keinen Monitor vor sich und keine Kopfhörer auf, sondern stellt sich dies lediglich in Trance vor und ahmt den imaginierten Sprecher nach
Alle diese spannenden Optionen sind sicherlich einen Test wert und wir werden berichten, wenn einer unserer Therapeuten einmal die Gelegenheit hatte, ein solches Behandlungsmodell zu testen.
Ebenfalls interessant ist die Frage ob solche Herangehensweise auch bei der Behandlung von Stottern Wirkung zeigen.
Möglicherweise könnte das Sprach-Entrainment, wenn es auch bei anderen Sprachstörungen als der Broca-Aphasie wirkt, ein wichtiger Bestandteil der Hypnosetherapie der Zukunft werden.