Pseudo-Erinnerung
Pseudo-Erinnerung
Als Pseudo-Erinnerung bezeichnet man Erinnerungen, die faktisch falsch sind, vom betroffenen aber als wahr empfunden werden.
Fast jeder Mensch hat im laufe seines Lebens immer wieder Pseudo-Erinnerungen - so kann es bspw. sein, dass man der Überzeugung ist, ein Freund wäre bei einer Feierlichkeit dabei gewesen obwohl man ihn zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht kannte, man glaubt, jemand hätte einem etwas erzählt obwohl es tatsächlich jemand ganz anderes war, man ist sich sicher, man habe seine Brille an einem bestimmten Ort abgelegt obwohl man sie ganz woanders hingelegt hat...
Solche kleinen Erinnerungsverfälschungen entstammen kleinen Fehlern in der inneren Logik des Gehirns und sind nicht weiter bedenklich, wenn sie kein allzu großes Ausmaß und keine zu große Häufigkeit annehmen (häufig wiederkehrende Erinnerungsverfälschungen können auf verschiedene Störungen hinweisen und sollten untersucht werden).
In der Hypnose können Pseudoerinnerungen vor allem dann entstehen, wenn der Klient im Rahmen einer hypnotischen Regression versucht, sich an vergessene oder verdrängte Sachverhalte zu erinnern und sein Gehirn bei unzureichendem Zugriff auf die Tatsächlichen Fakten Teile der Erinnerung oder sogar die komplette Erinnerung durch Phantasieszenarien, die oft von der Erwartungshaltung des Klienten oder des Therapeuten beeinflusst sind erzeugt.
Da sich einige hypnotische Zustände sehr real anfühlen, kann es dazu kommen, dass der Klient eine Fiktion seines Unterbewusstseins als reale Erinnerung akzeptiert und daraus falsche Schlüsse zieht.
In den USA wurden in diesem Rahmen eine Vielzahl von Fällen bekannt, in denen Klienten sich während einer Therapie (mehrheitlich keine Hypnosetherapie - auch in anderen Therapiemethoden werden Trancezustände und Regressionen eingesetzt, die der hypnotischen Regression sehr ähnlich sein können) an Missbrauchsszenarien erinnerten, die bei genauerer Überprüfung nie stattgefunden hatten bzw. zeitlich und räumlich gar nicht hätten stattfinden können (z.B. an Orten oder im Zusammenhang mit Personen im "erinnerten" Alter noch gar nicht kannte). Aus diesen Pseudo-Erinnerungen entwickelten sich mehrere Familien-Dramen und in einigen Fällen kam der Therapeut vor Gericht.
Pseudoerinnerungen und Hypnose
Ein Hypnotiseur oder Hypnosetherapeut sollte sich bei der hypnotischen Regression immer bewusst sein, dass es sich bei den Ergebnissen partiell oder vollständig um Pseudo-Erinnerungen handeln könnte und deshalb vermeiden, in Hypnose abgerufene Erinnerungen als "definitiv wahr" zu werten.
Zu dem sollte er seine Klienten über das Wesen von Pseudo-Erinnerungen aufklären, um zu verhindern, dass diese aus einer verfälschten Erinnerung falsche Schlüsse ziehen.
Wahrheitsfindung in Hypnose
Laien glauben häufig, die Hypnose könne als eine Art "Lügendetektor" zum Auffinden der "absoluten Wahrheit" genutzt werden.
Viele Klienten wenden sich an Hypnosetherapeuten mit Anfragen wie "Ich habe den Veracht, dass in meiner Kindheit dies oder jenes geschehen ist, ich kann mich aber nicht daran erinnern - nun möchte ich endlich mit Hilfe von Hypnose die Wahrheit erfahren!"
Bei solchen Anfragen sollte der behandelnde Therapeut äußerst vorsichtig vorgehen und die Behandlung im Zweifel sogar komplett ablehnen. Wenn der Klient schon vorab ein bestimmtes Ergebnis erwartet, ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass er dieses Ergebnis in Hypnose sehen wird - auch wenn es so nie stattgefunden hat.
Gewährt der Therapeut dem Klienten also den Wunsch, in Hypnose nach einer bestimmten Erinnerung zu suchen, läuft er Gefahr, dass dieser diese Erinnerung im Anschluss für "Bare Münze" nimmt und sich mit ihr identifiziert. Akzeptiert das Gehirn eine Erinnerung als real, kann es dazu kommen, dass der Klient dazugehörige Symptome entwickelt und bspw. zum Traumapatienten wird obwohl tatsächlich nie ein Trauma stattgefunden hat.
Der Therapeut sollte also unbedingt darauf achten, dass er seine Klienten nicht durch eine fälschliche Akzeptanz von Pseudo-Erinnerungen "kränker macht als er ist" und deshalb in dieser Hinsicht riskante Regressionen vermeiden.
Unterscheidung von Pseudo- und realen Erinnerungen
Der Wahrheitsgehalt einer in Hypnose gewonnenen Erinnerung lässt sich nur relativ schwer überprüfen, wenn keine bewertbaren Fakten, Zeugen oder logische Zusammenhänge hinzugezogen werden können, die die Erinnerung bestätigen (aber auch die Logik sollte mit Vorsicht angewandt werden, denn manchmal erscheinen Dinge logisch obwohl sie letztenendes einfach nicht wahr sind).
Klassische Befragungstechniken der Hypnose wie bspw. die Befragung mit Hilfe ideomotorischer Fingersignale haben sich als relativ unzuverlässig erwiesen und können deshalb nicht als Beweis für den Wahrheitsgehalt einer Erinnerung dienen.7
Der Hypnotiseur oder Hypnosetherapeut sollte in Hypnose gewonnene Erinnerungen also immer mit angemessener Vorsicht behandeln und sie als Möglichkeit, die durchaus stattgefunden haben kann, nicht aber als unumstößliche Tatsache behandeln. Als Tatsache sollte eine in Hypnose gewonnene Erinnerung erst dann gewertet werden, wenn sie auch außerhalb der Hypnose anhand von Fakten überprüft werden kann.