Cingulärer Gyrus (Gyrus Cinguli)

Der cinguläre Gyrus (Gyrus Cinguli)

Messpunkte im 10-20-System: Fpz, Fz, Cz, Pz

Hauptfunktionen:

anteriorer cingulärer Gyrus unterstützt mentale Flexibilität, Zusammenarbeit, Aufmerksamkeit, hilft dem Gehirn, sich an verschiedene Gegebenheiten anzupassen und dem Kleinkind bei der Entwicklung, hilft Sorgen und Probleme loszulassen, hilft dem Körper, rituelle Bewegungen und Tics zu stoppen, unterstützt das Gehirn bei der Überwachung von Motivationen, dem sozialen Selbst und der Persönlichkeit; er ist eng verbunden mit der Amygdala

posteriorer cingulärer Gyrus ist eng verbunden mit den parahippocampalen Kortizes und wirkt mit am Erinnerungsspeicherprozess, ermöglicht Orientierung im Raum, sowie Augen und Sensoriküberwachung. Der Bereich zwischen anterior und posterior liegt in der Regel bei Cz.


Der gesamte cinguläre Gyrus (anterior und posterior) teilt die linke und die rechte Hemisphäre. Der anteriore cinguläre Kortex ist eng verbunden mit dem anterior ventral medialen Bereich des mittleren prefrontalen Kortex. Der anteriore cinguläre Gyrus befindet sich in den Frontallappen, der posteriore in den Parietallappen. Der cinguläre Gyrus schneidet den zentralen Sulzus beim Vertex. Somit beeinflusst EEG-Neurofeedbacktraining am Vertex (Cz) drei Kortizes gleichzeitig, den somatosensorischen, den motorischen und den cingulären. Der cinguläre Gyrus wird auch als kortikaler Teil der Amygdala bezeichnet. Damasio fasste die Aktivitäten des cingulären Gyrus wie folgt zusammen:

"Ich würde es so beschreiben, dass es im menschlichen Gehirn eine bestimmte Region gibt, in der die Systeme, die sich mit Emotionen / Gefühlen, Aufmerksamkeit und dem Arbeitsgedächtnis befassen so eng zusammenarbeiten, dass sie als Quelle der Energie sowohl für externe Aktivitäten (Bewegungen) als auch interne Aktivitäten (Gedankenursprung) zu sehen sind. Diese Quellregion ist der anteriore cinguläre Kortex, ein Teil des limbischen Puzzles."

Ein "heißer" cingulärer Kortex bedeutet, er ist überaktiv und verursacht Probleme. Verschiedene Probleme werden dem cingulären Kortex zugerechnet. Drei Probleme stehen besonders in Beziehung zu cingulären Fehlfunktionen: Zwangsstörungen (OCD), ADS / ADHS und das Tourette-Syndrom.
Zwangsstörungen können Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen oder beides auslösen. Sie werden oft begleitet von Besorgnis, Ängstlichkeit, mentaler Anspannung und auch physischer Anspannung.
Der Geist und manchmal auch der Körper stecken fest in rituellen Gedanken und Verhaltensweisen. Dem Klienten zu empfehlen, die Dinge lockerer zu sehen führt in der Regel nur zu Verschlimmerungen. Schwartz spezialisierte die Diagnostik und Behandlung von Zwangsstörungen durch den Einsatz von PET. Hunderte von Aufnahmen bestätigten ein abnormes Muster der zerebralen Durchblutung bei Zwangsstörungen. Schwartz entwickelte ein feststehendes verhaltenstherapeutisches Vier-Schritte-Programm, um den Symptomen von Zwangsstörungen entgegenzuwirken. PET-Scans, die vor und nach der Behandlung aufgenommen wurden bewiesen, dass positive Veränderung auch ohne die Einnahme von Medikamenten möglich sind. Der Geist kann das Gehirn heilen. Klienten mit Zwangsstörungen sollte das Buch "Brainlock: Free Yourself from Obsessive Behavior" empfohlen werden.

Zu den Gehirnstrukturen, die in Zusammenhang mit Zwangsstörungen stehen gehören der anteriore cinguläre Gyrus, der orbitale Gyrus (direkt über den Augen im prefrontalen Kortex), sowie tiefere Strukturen wie der Nucleus caudatus. Offenbar verfängt sich das Gehirn in Besessenheiten oder Rituale wie in einer Endlosschleife. Ratey fasste dies wie folgt zusammen:

"Der anteriore cinguläre Kortex sagt dem orbifrontalen Kortex, worauf er seine Aufmerksamkeit richten soll, wobei der orbifrontale Kortex einen Fehler im Ablauf feststellt. Er schreit "Fehler, Fehler, diese Aktion ist ein Irrtum!". Wenn die Signale von Aufmerksamkeit und Irrtum in Konflikt kommen, entsteht ein Tumult in den motorischen Programmen. Daraus entsteht eine Panik-Nachricht, die dem Gehirn mitteilt, es solle aktiv werden, um der Gefahr zu entkommen oder das Problem lösen, in dem es beispielsweise die Initiative ergreift, zum dritten mal zum Haus zurückkehrt und den Ofen abschaltet, der bereits abgeschaltet ist. Der typische Zwangspatient ist ein Perfektionist, der unablässlich nach Fehlern sucht. Er ist überladen mit Sorgen und gefangen in einer Endlosschleife aus Besorgnis und Nachsinnen."

Zwangspatienten haben typischerweise abnorme Hirnstoffwechselaktivitäten entlang posteriorer und anteriorer Regionen des cingulären Gyrus. Das Ziel des Neurotherapeuten ist, herauszufinden, welche EEG-Abnormitäten sich negativ auf die Gehirnstrukturen auswirken. Eine Behandlung kann sowohl am anterioren als auch posterioren cingulären Kortex (Fp1 und Fp2) stattfinden. Hammond nahm eine ausführliche Überprüfung der Literatur zum Thema Zwangsstörungen wie auch eine intensive EEG-Analyse von Zwangspatienten vor. Einige spezifische Zwangsstörungen wurden dabei identifiziert und bestimmten EEG-Charakteristiken zugeordnet.

Ungewollte verbale Äußerungen oder motorische Bewegungen sind typisch für das Tourette-Syndrom. Der anteriore cinguläre Kortex und der dorsolaterale prefrontale Kortex (nahe F3/F7) sind bei Tourette-Patienten unteraktiviert. Tiefere Strukturen wie die linken Basalganglia sind ebenfalls am Problem beteiligt. Wenn Unteraktivierung mit EEG-Verlangsamung zu vergleichen ist, dann haben Neurotherapeuten die Möglichkeit, die Durchblutung der Areale mit HEG-Feedback zu fördern oder sie mit Neurofeedback zu aktivieren. Klienten mit Tics können ebenfalls von derartigen Protokollen profitieren.

Neurofeedback-Spezialisten haben ADS / ADHS mehr als jede andere Störung untersucht. Man geht davon aus, dass in den USA zwei Millionen Grundschulkinder an ADS / ADHS leiden. Diese Störung kann sich mit und ohne Hyperaktivität manifestieren. Die vier Grundkomponenten dieser Störung sind Unaufmerksamkeit (selektive Aufmerksamkeit), Ablenkbarkeit, Hyperaktivität und Impulsivität. Kinder, wie auch Erwachsene können an dieser Störung leiden, es gibt eine genetische Komponente und eine familiäre Vererbung.
Bei Erwachsenen legen sich häufig die hyperaktiven Symptome, aber sie haben dann oft weiter mit Symptomen der Unaufmerksamkeit und Impulsivität zu kämpfen. Mädchen werden häufig übersehen, denn bei ihnen ist Hyperaktivität weniger bekannt. Symptome werden dann eher als Zickigkeit eingestuft.
Andere Störungen wirken wie ADS / ADHS, wie bspw. die reaktive Anpassungsstörung, Zwangsstörungen, generalisierte Angststörungen, PTBS, Manie, Lernstörungen und weitere. Unreife oder lebhafte Kinder werden manchmal fälschlicherweise als ADS / ADHS-Patienten eingestuft und ihnen werden unsachgemäße Medikamente verordnet.

Man kann davon ausgehen, dass viele potenzielle Klienten unter ADS / ADHS sowohl als primäre als auch als sekundäre Störung leiden können. Im Moment geht es aber darum, herauszufinden, welche Gehirnstrukturen beteiligt sind. Mehrere verschiedene Gehirnregionen kommen bei der Untersuchung auf ADS / ADHS in Frage. Aber der cinguläre Gyrus und die anterior ventral mediale Region sind die ersten Bereiche, auf die man achten sollte.

Man weiß, dass der anteriore cinguläre Kortex die Aufmerksamkeit und die Impulskontrolle steuert. Er sorgt dafür, dass wir motiviert und bei der Sache sind. Er liegt im Bereich der primären und sekundären motorischen Kortizes, die die Bewegungen und körperliche Aktivität steuern. Manche Kinder mit ADS / ADHS haben Schwierigkeiten, die Konsequenzen ihrer Handlungen abzuschätzen. Sie können hyperfokussiert, für Stunden in einem Thema oder Aktivität gefangen sein. Mental in etwas gefangen zu sein führt zur Zwangsstörungs-Schleife, die Konsequenzen nicht zu erkennen erinnert an Phileas Gage, der in der anterioren cingulären Region durchbohrt wurde. Corticale Verlangsamung entlang des anterioren cingulären Gyrus ist häufig die Ursache für diese Störung.

Joel Lubar, einer der führenden Pioniere der Neurotherapie trainiert die meisten ADS / ADHS-Kinder entlang dem cingulären Gyrus. Andere Kliniker wie Margaret Ayers, Mary J. Sabo und die Othmers sind bekannt dafür, dass sie entlang des sensomotorischen Kortex arbeiten, um diese Störung zu behandeln. Hershel Toomim trainiert häufig entlang der Frontallappen bei Fp1, Fp2 und Fpz (welche Teil des anterioren cingulären Kortex sind).Kenntnisse über diese Störung und ihre Behandlungsmöglichkeiten sind von großer Bedeutung für viele therapeutische Praxen.

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