Aufdeckende Hypnose
Aufdeckende Hypnose
Die aufdeckende Hypnose wird auch als analytische Hypnose bezeichnet.
Unter "aufdeckend" versteht man in diesem Zusammenhang, dass die Hypnose nicht symptomorientiert verwendet wird, sondern auch für die zu behandelnde Störung verantwortliche Ursachen berücksichtigt, erforscht und aufgelöst werden.
Entsteht eine Störung bspw. aufgrund prägender Negativ-Erlebnisse aus der Vergangenheit, ist es oftmals sinnvoll, diese Erlebnisse in Trance anzurufen, zu bearbeiten und aufzulösen.
Geht man bei einer Behandlung nur auf die Symptome ein und vernachlässigt die auslösenden Faktoren, besteht das Risiko, dass diese im Inneren weiterwirken und die Symptome mit der Zeit erneut hervorrufen oder aber im Rahmen einer Symptomverschiebung nach einem neuen Weg suchen, sich auszudrücken.
Wann ist aufdeckende Hypnose angebracht?
Die Aufdeckende Hypnose kann bei einer Vielzahl von Indikationen (mit einigen Ausnahmen, deren Ursachen offensichtlich nicht im Unterbewusstsein liegen wie bspw. akute Schmerzen nach einer Unfallverletzung oder typische Beschwerden in Folge einer Infektion - in solchen Fällen ist mit aufdeckender Hypnose manchemal nur wenig erreichbar und eine direktive Hypnose erfolgversprechender).
Hierbei ist auch der Hypnotiseur / Hypnosetherapeut aufgefordert, sich fachlich entsprechend breit aufzustellen, um situationsentsprechend handeln zu können. Hypnotherapeutische Strömungen, die "ausschließlich" aufdeckend oder direktiv arbeiten sind mit einer gewissen Skepsis zu sehen, da eine allzu verbissene Fokussierung auf eine Stilrichtung das Risiko in sich birgt, wichtige Ressourcen ungenutzt zu lassen oder sich gar behandlerisch zu verrennen. Sucht man bspw. "krampfhaft" mit Hypnose nach einer Ursache, die nicht existiert (bspw. weil das Problem eine allergische / hormonelle Ursache hat, die außerhalb des psychischen Einflussbereichs liegt), besteht das Risiko, dass das Unterbewusstsein auf das Drängen des Hypnotiseurs bzw. aufgrund des dringenden Wunsches des Klienten nach einer Antwort eine fiktive Ursache konstruiert, die tatsächlich nie stattgefunden hat oder aber zwar stattgefunden hat, aber nicht ausschlaggebend für das zu behandelnde Problem ist.
Was als "Symboldrama" (ein Problem wird anhand einer abstrahierten Beispielgeschichte - bspw. einer Fabel bearbeitet und gelöst) in manchen Fällen durchaus wertvoll sein kann (bspw. wenn der Klient sich den realen Themeninhalten nicht stellen kann oder möchte oder wenn das eigentliche Problem schwer in Worte zu fassen ist), sollte nicht in allen Fällen angewandt werden.
Bis hin zum "False-Memory-Effect", bei dem der Klient fest der Überzeugung ist, sich an etwas erinnern zu können, was in Wahrheit reine Fiktion ist kann ein falscher Einsatz der aufdeckenden Hypnose führen. Solche Fehlbehandlungen sind können zum Teil unangenehme Folgen für den Klienten haben. So haben sich beispielsweise schon viele Klienten in einer vermeintlichen Problemursache "verrannt", die sich im Nachhinein als falsch herausstellte.
TherMedius® legt im Rahmen der Hypnose-Ausbildung deshalb großen Wert darauf, alle wichtigen Varianten der Hypnose zu lehren und Teilnehmern die Kenntnisse zu vermitteln, wann welche Herangehensweise am sinnvollsten / erfolgversprechendsten ist.
Unsicherheitsfaktoren bei der Aufdeckenden Hypnose
Außenstehende, die die Hypnose vor allem aus dem Fernsehen kennen, gehen häufig davon aus, dass es in der Aufdeckenden Hypnose möglich ist, eine "endgültige Wahrheit" zu erforschen, also einen Klienten zu befragen, wie ein Erlebnis wirklich war, um Gewissheit über einen Vorgang zu gewinnen.
Die Aufdeckende Hypnose ist jedoch kein "Lügendetektor", sondern eher ein Wechselspiel aus tatsächlichen Erinnerungen / inneren Informationen und (je nach Thema mehr oder weniger intensiv ausgeprägten) emotionalen Einflüssen, die wiederum erstere verformen und verändern können.
Fallbeispiel:
Ein klassisches Beispiel ist hier ein Klient, der sich an einen Hypnosetherapeuten wendet, um "mit Sicherheit" herausfinden möchte ob und von wem er als Kind missbraucht wurde, weil er psychische Symptome zeigt, die auch bei Missbrauchspatienten vorkommen und ihm ein Bekannter sagte "wahrscheinlich bisst Du missbraucht worden" - Er möchte deshalb herausfinden ob tatsächlich ein Missbrauch stattgefunden hat und durch wen, um ggf. entsprechende Schritte einzuleiten.
Er selbst kann sich an keinen Missbrauch erinnern und hat auch niemanden in Verdacht, der der Täter hätte sein können. Dennoch geht er davon aus, dass ein Missbrauch stattgefunden hat, da er seiner Meinung (bzw. der Meinung seines Bekannten) nach ansonsten ja die Symptome nicht zeigen würde.
Dieses Fallbeispiel ist sehr realitätsnah, denn solche Situationen kommen in Hypnosepraxen tatsächlich regelmäßig vor.
Hier ist es wichtig, zu wissen, dass die Hypnose nicht oder nur eingeschränkt zur sicheren Aufdeckung wahrer Sachverhalte geeignet ist. In Hypnose ist es zwar möglich, das Gedächtnis zu unterstützen, sodass sich das Erinnerungsvermögen verbessert und vergessene Dinge leichter erinnert werden können ("Hypermnesie"), es besteht aber das Risiko, dass vorherige Gedanken über das Thema oder Vermutungen in Bezug auf das zu erwartende Ergebnis die Erinnerungen verfälschen oder bei Nichtvorhandensein einer entsprechenden Erinnerung das Unterbewusstsein aus dem Erwartungsdruck heraus eine scheinbare Erinnerung kreiert, die tatsächlich aber reine Phantasie ist.
Sowohl für den Hypnotiseur als auch für den Klienten ist es fast unmöglich, reale Erinnerungen und fiktionale Anteile zu unterscheiden und es ist praktisch unmöglich, eine in der Aufdeckenden Hypnose gefundenen Erinnerung als definitiv wahr zu klassifizieren.
Hypnotiseure und Hypnosetherapeuten sollten Klienten, die nach einer "brisanten Wahrheit" suchen, für die es keine greifbaren Indizien gibt also umfassend aufklären, da das Risiko bestehen könnte, dass sie in Hypnose bspw. einen Missbrauch durch eine bestimmte Person sehen, der tatsächlich nie stattgefunden hat, aber vom Unterbewusstsein gezeigt wird, da es unter dem Druck der Erwartungshaltung Bilder produziert, die nahe liegend sind oder der Erwartung des Klienten am ehesten entsprechen. Die Folgen liegen auf der Hand: Der Klient könnte (mit der vermeintlichen Sicherheit "in Hypnose endlich die Wahrheit erfahren zu haben") einen Menschen fälschlicherweise für etwas beschuldigen, dass dieser tatsächlich nie getan hat.
Zudem besteht natürlich das Risiko, dass ein Klient auf diesem Wege auf eine falsche Theorie in Bezug auf die Ursache seiner Probleme kommt. Wenn er bspw. Depressionen hat und diese aufgrund einer bspw. genetisch prädisponierten Störung im Hirnstoffwechsel (ohne Fremdeinwirkung und ohne traumatische Erfahrung) entstanden sind, besteht die Gefahr, dass er in Folge einer nicht sachgemäßen bzw. nicht sachgerecht erläuterten Aufdeckenden Hypnose davon ausgeht, dass es eine "konkrete Ursache" für seine Probleme gibt und dass er diese beheben könnte/müsste, indem er sich in Bezug auf diese vermeintliche Ursache therapieren lässt. Diese Therapie wird dann mit hoher Wahrscheinlichkeit wenig bis keine Wirkung zeigen (da sie ja nicht auf die eigentliche Problematik - die Störung im Hirnstoffwechsel eingeht), zudem kann es sein, dass der Klient in Folge dieser auf falschen Tatsachen beruhenden Therapie andere, für ihn sinnvollere Therapien unterlässt und dadurch einerseits keine Verbesserung seiner Situation erreicht und andererseits sogar das mittelfristige Risiko einer Verschlechterung eingeht.
Die Aufdeckende Hypnose ist also mit einer hohen Verantwortung seitens des Therapeuten verbunden. Nur Therapeuten, die sich wirklich mit dem Wesen der Hypnose auskennen und um die tatsächlichen Möglichkeiten und Grenzen der Hypnose wissen, sollten die Aufdeckende Hypnose bei Klienten anwenden.
Dennoch lässt sich die Aufdeckende Hypnose in bestimmten Fällen für die Erforschung von Erinnerungen einsetzen. Wenn es beispielsweise darum geht, Erinnerungen aufzudecken, bei denen kein Risiko für Negativfolgen besteht (z.B. ein Klient hat einen Schlüssel verlegt und möchte in Hypnose herausfinden, wo der Schlüssel sich befindet - das schlimmste, was bei einer falsch aufgedeckten Erinnerung passieren kann ist, dass der Schlüssel weiterhin verloren bleibt, es werden aber keine anderen Personen mit hineingezogen). Auch in der Kriminalpsychologie kann es von großem Wert sein, die Aufdeckende Hypnose einzusetzen, wenn ein Zeuge sich dadurch an Hinweise erinnert, die dabei helfen können, einen Täter zu ergreifen (diese Hinweise müssen sich dann im Nachhinein natürlich als wahr herausstellen).
TherMedius legt deshalb in den Ausbildungsmodulen, in denen Aufdeckende Hypnose gelehrt wird (Modul 2 - Hypnose Fortgeschrittene und Modul 14 - Reinkarnationstherapie) großen Wert darauf, dass die Teilnehmer ein hypnotisches Fachwissen vermittelt bekommen, das ihnen erlaubt, verantwortungsvoll mit der Aufdeckenden Hypnose zu arbeiten und ihre Stärken und Möglichkeiten zu nutzen ohne dabei Gefahr zu laufen, dem Klienten Schaden zuzufügen.