Direktive Hypnose
Direktive Hypnose
Die direktive Hypnose ist wohl die klassischste Form der Hypnose. Auch wenn sie in den letzten Jahren von der psychotherapeutischen Welt ein wenig in Miskredit gebracht wurde und vielfach als "zudeckendes Verfahren" bezeichnet wurde, spielt sie doch eine wichtige Rolle im Spektrum der hypnotischen Vorgehensweisen. Ablehnde Haltungen entstammen zumeist aus Unwissenheit der Materie gegenüber und Pauschalurteilen, die auf der Behandlung einzelner Störungsbilder beruhen. Jede hypnotische Vorgehensweise hat ihre eigenen Einsatzgebiete und der Streit einiger Hypnotiseure darüber ob man nun besser direktiv, analytisch oder nach Erickson arbeiten sollte ist ein bißchen so als würden sich drei Automechaniker darüber streiten ob man zukünftig grundsätzlich nur noch Achter-, Neuner- oder Zwölferschlüssel verwenden sollte, um Muttern anzuziehen. So wie jeder Schraubenschlüssel zu einer bestimmten Schraubengröße passt hat auch jede Hypnosetechnik ihre ganz speziellen Einsatzgebiete und einen guten Hypnotiseur erkennt man vielmehr daran, dass er alle Techniken beherrscht und an geeigneter Stelle einzusetzen weiß als dass er sich auf eine Methode versteift und und glaubt, sie sei das Nonplusultra.
Die direktive Hypnose ist die Art von Hypnose, die sich ein Laie in der Regel vorstellt, wenn das Thema zur Sprache kommt. Der Klient befindet sich schweigend in Trance während der Therapeut ihm Suggestionen gibt, die in seinem Unterbewusstsein wirken sollen. Hier findet sich schon ein wichtiger Punkt der bei diesem Thema eine Rolle spielt: Man spricht in diesem Zusammenhang von Suggestionen, was wörtlich übersetzt Vorschläge bedeutet und nicht etwa von Befehlen. Denn das Unterbewusstsein des Menschen verarbeitet nur die Eingaben des Hypnotiseurs, die es auch zu verarbeiten bereit ist. Eine Suggestion, die das Unterbewusstsein nicht umsetzen möchte verhallt also wirkungslos. Das heißt, der Begriff "direktiv" ist schon von Beginn an ein wenig irreführend, denn er impliziert, dass der Hypnotiseur dem Klienten bzw. dessen Unterbewusstsein etwas "aufdiktiert", was tatsächlich nur sehr bedingt der Fall ist. Deshalb wäre der Begriff "suggestive Hypnose" wahrscheinlich treffender, denn er beschreibt viel eher den Ansatz, der dahinter steht. Aber das Wort "direktiv" enthält doch ein wenig mehr Wahrheit als auf den ersten Blick vermutet. Es ist mit "richtungsweisend" zu übersetzen und "direktive Hypnose" heißt somit, dass der Hypnotiseur mit seinen Suggestionen die Richtung angibt, in die das Unterbewusstsein gehen soll.
Diese Richtungsangabe ist im Grunde nichts schlechtes, denn sie deckt sich in der Regel ja mit der Richtungsangabe, die der Klient zuvor gegeben hat: Er wünscht sich, mit dem Rauchen aufzuhören und der Hypnotiseur "gibt das in sein Unterbewusstsein ein". Einziger Haken dabei ist, dass der Hypnotiseur genau darauf achten sollte ob dem Ziel auch nichts im Wege steht, damit er keine Misstände übergeht, die für einen Therapieerfolg zuerst bearbeitet werden sollten. Ein einfaches Beispiel: Wenn eine Klientin sich in Hypnosetherapie begibt weil sie abnehmen möchte, dann wäre eine typische direktive Vorgehensweise, sie in Trance zu bringen und ihr zu suggerieren, dass ihr Appetit sich auf ein gesundes Maß reduziert und ihr Stoffwechsel sich so einstellt, dass sie auf gesundem Wege abnehmen kann. Gleichzeitig suggeriert man vielleicht noch, dass sie sich beherrscht was ihren Süßigkeitenkonsum angeht und auch kein Verlangen mehr nach Zwischenmahlzeiten hat. Diese Vorgehensweise ist im Normalfall vollkommen in Ordnung, man muss allerdings darauf achten, dass der Grund für ihr Übergewicht auch wirklich nur ein durch angewohntes falsches Essverhalten ist. Wäre wirkliche Grund beispielsweise Frust wegen einer unglücklichen Beziehung oder Schwierigkeiten im Beruf, dann würde man mit der oben genannten Vorgehensweise nur die Symptome behandeln, nicht aber die Ursache. Auch wenn das Gewicht sinkt, würde der Frust weiterbestehen und sich schlimmstenfalls einen neuen, vielleicht sogar gesundheitsschädlicheren Weg suchen, um auf sich aufmerksam zu machen. Das kleinste Übel wäre in diesem Fall, dass sich das Unterbewusstsein einfach weigert, die Suggestionen anzunehmen und die Klientin schlichtweg nicht abnehmen lässt. In einem solchen Fall gilt es dann, mit analytischen Mitteln auch die Ursachen des Problems zu bearbeiten, um das Gesamtziel erreichbar zu machen. In allen anderen Fällen, in denen keine tieferen Ursachen vorhanden sind, ist die direktive Hypnose ein vollkommen probates Mittel, dass auch sehr häufig schnell zum gewünschten Erfolg führt.
Vorteile der direktiven Hypnose
Die Vorteile der direktiven Hypnose liegen vor allem darin, dass man sie schnell und zielgerichtet einsetzen kann ohne zuvor eine größere Vorarbeit geleistet haben zu müssen. Während man bei aufdeckenden Verfahren zuerst Ursachenforschung betreibt, kommt man bei der direktiven Hypnose wesentlich schneller zur eigentlichen Anwendung. Hier liegt natürlich auch die Gefahr, allzuschnell über Probleme "hinwegzubügeln" und sie zuzudecken, die eigentlich zuerst bearbeitet werden sollten. Es gibt allerdings auch eine ganze Reihe hypnotischer Anwendungen, bei denen zuvor keine analytische Arbeit geleistet werden muss (ein Beispiel könnte die Schmerzabschaltung beim Zahnarzt sein) oder bei denen es rein um die Entspannung und Regeneration geht, die während der hypnotischen Trance möglich ist. Für diese Anwendungen ist die direktive Hypnose die beste, wenn nicht einzige Wahl, denn alle anderen Vorgehensweisen würden schlichtweg keinen Sinn machen.
Nachteile der direktiven Hypnose
Die Nachteile der direktiven Hypnose liegen wie Eingangs schon beschrieben vor allem darin, dass sie sich vorwiegend auf einer sehr offensichtlichen Ebene bewegt und tiefere Ursachen nur dann berücksichtigt bzw. berücksichtigen kann, wenn diese bereits bekannt sind. Für tiefergreifende Problemlösungen empfiehlt sich oft eine analytische Vorgehensweise. Die Wahl der Methode sollte aber immer im Einzelfall entschieden werden, denn bei nichtvorhandensein einer tieferen Ursache (und das ist öfter der Fall als man denkt) therapieren analytische Methoden oft massiv am Problem vorbei.
Direktive Hypnose in Kombination mit anderen
Einen Ansatz den wenige Therapeuten berücksichtigen obwohl er eigentlich klar auf der Hand liegt ist die Kombination aus verschiedenen Vorgehensweisen, um von jeder Technik die Vorteile zu nutzen und gebündelt eine noch intensivere Wirkung zu erzielen. So kann es bspw. sehr nützlich sein, an eine analytische Sitzung einen direktiven Teil anzuschließen, in dem die Ergebnisse aus der Analyse noch einmal rekapituliert und verfestigt werden. Sinngemäß könnte so etwas lauten: "Jetzt wo Du weißt, dass die Ursache für Deine Probleme diese Situation aus Deiner Kindheit war und gesehen hast, dass diese Situation für Dein heutiges Leben gar keine Rolle mehr spielt, kann Dein Unterbewusstsein Deine Ängste lösen und Dir ein neues Wohlbefinden schenken". Viele analytische Hypnosetherapeuten werden an dieser Stelle vielleicht sagen "Ja aber das mach ich doch schon!" Herzlichen Glückwunsch, Sie arbeiten anteilig schon direktiv obwohl Sie es nichtmal wussten.
Direktive Hypnose in der Hypnoseausbildung
Die direktive ist ein fester Bestandteil der Hypnose-Ausbildung und die erste Technik, die ein Hypnotiseur erlernt. Grund dafür ist, dass sie die Basis aller hypnotischen Arbeit ist und weitere Anwendungen sich aus ihr ableiten. Ohne das Wissen aus der direktiven Hypnose wäre weder eine analytische Arbeit noch eine Hypnotherapie nach Milton Erickson möglich.