Ein Hypnotiseur muss auch nein sagen können
Ein Hypnotiseur muss auch nein sagen können
Die Hypnose / Hypnosetherapie ist eine unglaublich vielseitige Behandlungsmethode und manchmal erscheint es, als gäbe kaum ein Thema, das man nicht mit ihr behandeln kann.
Dennoch sollte gerade eine so wirkungsintensive und vielseitige Methode auch immer mit entsprechender Bedacht und Verantwortungsgefühl eingesetzt werden.
In diesem Artikel möchten wir mögliche Umgangsweisen mit Situationen, in denen ein Hypnotiseur oder Hypnosetherapeut einen Klienten besser ablehnen sollte besprechen.
Als Ausbilder werden wir von Hypnotiseuren immer wieder gefragt:
"Was mache ich denn, wenn der Klient etwas möchte, von dem ich der Meinung bin, dass es so wie er es sich vorstellt nicht funktioniert oder bei dem ich mir nicht sicher bin ob es gut für ihn wäre, wenn wir an diesem Ziel arbeiten?"
Die Beschäftigung mit diesem Thema ist sehr wichtig, da solche Situationen in fast jeder Hypnose-Praxis vorkommen können und ein gut überlegter Umgang mit solchen Situationen einen wichtigen Beitrag für Ihre eigene Zufriedenheit, den Ruf Ihrer Praxis und nicht zuletzt natürlich das Wohl Ihrer Klienten leisten kann.
Zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der Hypnose gehört neben der korrekten Anwendung der zur Verfügung stehenden Hypnose-Anwendungen auch ein bewusster Umgang mit der Möglichkeit, ungeeignete Klienten im Zweifel abzulehnen.
Klienten mit überzogenen Erwartungen
Hypnotiseure und Hypnosetherapeuten, die die Hypnose bereits in eigener Praxis anbieten kennen das vielleicht:
Klienten neigen manchmal dazu, die Hypnose ein bißchen wie die Dienstleistung eines Handwerkers oder wie eine Bestellung bei einem Schnellrestaurant einzustufen - man geht in eine Hypnosepraxis, sagt was man haben möchte und der Hypnotiseur soll diesen Wunsch möglichst in einer Sitzung erfüllen ohne unnötige Fragen zu stellen oder gar teuere Zeit mit Nebensächlichkeiten zu verschwenden...
Kommen Ihnen bei dieser Beschreibung schon Gesichter oder Namen von Klienten in den Sinn?
Fast jeder Hypnotiseur oder Hypnosetherapeut hat solche Klienten schon kennengelernt und weiß, wie unangenehm die Arbeit sein kann, wenn ein Klient schon beim betreten der Praxis klarstellt, dass er hier aber flott Ergebnisse sehen will und dass er vom Therapeuten den Beweis erwartet, dass er sein Handwerk auch wirklich beherrscht und diesen Beweis vor allem darin sieht, dass er für möglichst wenig Geld am besten schon nach einer Stunde die Praxis vollkommen geheilt verlässt - eine lebenslange Garantie, dass sein Problem nie wieder auftritt und die Wirkung selbst härtesten Belastungstests standhält natürlich eingeschlossen.
Gründe für ein solches Verhalten einzelner Klienten könnten sein:
Der Klient ist nicht richtig von der Hypnose überzeugt und möchte zuerst einmal möglichst schnell einen klar erkennbaren Beweis, dass die Hypnose tatsächlich wirkt.
Der Klient verfügt eigentlich nicht über das Budget, sich in eine private Behandlung zu begeben und möchte mit möglichst geringen Kosten möglichst viel erreichen, da eine kontinuierliche Behandlung für ihn nicht in Frage kommt.
Der Klient überträgt Werbeaussagen bestimmter Anwendungen wie "Rauchfrei in einer Sitzung" auf andere Anwendungen und geht davon aus, dass mit Hypnose grundsätzlich alles in einer Sitzung behandelbar ist und ein Hypnotiseur, der das nicht schafft eben kein guter Hypnotiseur ist.
Der Klient sieht in der Hypnose weniger eine Therapie sondern vielmehr eine Einzelanwendung wie z.B. das Einrenken beim Chiropraktiker.
All das kann man dem Klienten nicht unbedingt verdenken, denn man weiß ja nicht, auf welchem Wege er zur Hypnose gekommen ist und welche Informationen ihm über die Hypnose zur Verfügung standen, um sich ein Urteil bzw. eine Vorstellung davon zu bilden, was Hypnose eigentlich ist und wie sie genau abläuft.
Viele Hypnotiseure - gerade Anfänger - geraten bei einem solchen Verhalten seitens eines Klienten aber schnell unter Druck und glauben, seine Erwartungen erfüllen zu müssen obwohl es ihnen eigentlich vielleicht klar ist, dass die Wahrscheinlichkeit eher gering ist, dass beim ein oder anderen Behandlungsthema wirklich schon in einer Sitzung ein wirklich zufriedenstellendes Ergebnis erreicht werden kann, das der Erwartungshaltung des Klienten entspricht.
Sicherlich gibt es eine ganze Menge von Hypnose-Anwendungen, bei denen eine drastische Verbesserung schon nach einer Sitzung nichts ungewöhnliches ist, gerade bei komplexeren Problemstellungen oder bei einer hohen Intensität eines Problems sollte aber auch mit Hypnose eine geeignete Therapiedauer einberaumt werden, um dem Unterbewusstsein ausreichend Zeit für eine Veränderung zu geben und einen Therapieprozess ausreichend überwachen bzw. in seinem Ablauf kontinuierlich anzupassen, um bei Bedarf auch Korrekturen vornehmen zu können.
Therapeuten, die sich selbst zu sehr als Dienstleister sehen, der in der Pflicht steht, alle Wünsche seines Kunden vorbehaltlos zu erfüllen, haben hier ab und an Schwierigkeiten, die betreffenden Klienten in ihrer Erwartungshaltung einzubremsen und neigen aus Sorge, der Klient könnte sich ansonsten ganz gegen eine Behandlung bei ihnen entscheiden sogar dazu zu sagen "Na gut, wenn er es möchte, dann mach ich s eben - es ist ja seine Sache, wie er sich behandeln lassen will". Eine solche Haltung birgt aber einen gewissen Zündstoff in sich, denn die Annahme eines Klienten mit überzogenen Erwartungen ohne entsprechende Aufklärung ist ein Stück weit auch wie eine Einverständniserklärung des Therapeuten zu sehen, der den Klienten damit in seinen Erwartungen bestätigt und sich zurecht kritisieren lassen muss, wenn diese dann nicht erfüllt werden.
Es ist also empfehlenswerter, sich von Beginn an klar zu positionieren und dem Klient ein realistisches Bild eines jeweils anzunehmendn Behandlungsverlaufes aufzuzeigen, anstatt unrealistische Vorstellungen zu akzeptieren und sich anschließend mit Beschwerden oder Enttäuschungsäußerungen der Klienten auseinandersetzen zu müssen.
Hinzu kommt noch, dass eine realistische Darstellung eines therapeutischen Ablaufs auch wichtig für den Ruf Ihrer Praxis und den Ruf der Hypnose ansich ist. Ein Klient, dessen überzogene Erwartungen nicht relativiert wurden wird im Anschluss vermutlich auch in seinem Umfeld erzählen "Ich war bei der Hypnose, aber das war nichts", während ein korrekt aufgeklärter Klient entweder die Therapie fortführt bis er sein erwünschtes Ergebnis erzielt oder falls er die Therapie aus irgendwelchen Gründen vorzeitig beendet weiß, dass nicht die Hypnose "zu schwach" war, sondern er selbst dafür verantwortlich ist, dass er die Therapie nicht zuendegeführt hat und wird daher vermutlich auch nicht negativ über Sie, Ihre Praxis oder die Hypnose sprechen.
Natürlich kann eine realistische Einschätzung eines zu erwartenden Therapieumfangs dazu führen, dass der ein oder andere Klient sich deshalb gegen eine Behandlung entscheidet, weil er zwar zu einer einmaligen Sitzung bereitgewesen wäre, das Budget für eine umfangreichere Behandlung aber nicht aufbringen kann oder möchte. In einem solchen Fall sollte sich ein Therapeut aber nicht grämen, einen potenziellen Klienten verloren zu haben, sondern sich bewusst machen, dass die Arbeit mit einem Klienten, der sich aufgrund des Hinweises, dass eine Hypnosebehandlung ggf. mehr als nur eine Sitzung umfassen kann gegen eine Behandlung entscheidet aller Wahrscheinlichkeit nach auch kein Befriedigendes Ergebnis gebracht hätte.
Konzentrieren Sie sich auf die Arbeit mit Klienten, die den Sinn und die Hintergründe einer Hypnosebehandlung zu schätzen wissen und veruchen Sie nicht, es Klienten mit überzogenen Vorstellungen rechtzumachen, denen man es ohnehin vermutlich sowieso nicht recht machen können wird.
Die erfolgreichsten Hypnotiseure und Hypnosetherapeuten zeichnet zumeist aus, dass sie in ihren Praxen nach klaren Regeln arbeiten und ihre Klienten nach fest definierten Kriterien selektieren.
Gerade Anfänger, deren Praxis sich noch in der Aufbauphase befindet lassen sich manchmal von dem Gedanken verführen "Ich probier s mal, vielleicht klappt es ja auch in einer Sitzung und dann ist der Klient ja auch zufrieden" obwohl sie eigentlich wissen, dass die Wahrscheinlichkeit, das Behandlungsziel in einer einzigen Sitzung zu erreichen relativ gering ist. Aus wirtschaftlicher Sicht zählt ja gerade in der Anfangszeit auch jede Sitzung als wichtiger Umsatz und wenn die wöchentliche Sitzungszahl ein bestimmtes Maß noch nicht überschritten hat, ist jeder abgelehnte Klient natürlich auch ein gefühlter finanzieller Verlust, den man hätte vermeiden können. Dennoch ist es weder aus therapeutischer noch aus ethischer Sicht tragbar, deshalb Klienten anzunehmen, deren Vorstellungen von den eigenen abweichen.
"Der Klient will es aber"
Für die Hypnose gibt es eine Reihe von Kontraindikationen, die von jedem Hypnotiseur und Hypnosetherapeuten grundsätzlich beachtet werden sollten.
Wie geht man nun damit um, wenn ein Klient trotz dem Vorliegen einer Kontraindikation unbedingt hypnotisiert werden möchte?
Wenn ein Klient sich über die Hypnose informiert hat und zum Schluss gekommen ist, dass sie vielleicht die Lösung eines Problems, das ihn schon seit längerem belastet sein könnte, dann kann es durchaus vorkommen, dass er behandelt werden möchte obwohl der Hypnotiseur ihm mitteilt, dass die vorliegende Kontraindikation den Einsatz der Hypnose eigentlich verbietet. Das Akzeptieren der Kontraindikation als Grund, sich nicht hypnotisieren zu lassen hieße für ihn in diesem Moment ja auch, die eben gewonnene Hoffnung auf eine Lösung seines Problems aufgeben zu müssen.
Klienten versuchen die Kontraindikationen deshalb häufig zu relativieren. Nicht selten fallen im Gespräch Sätze wie:
"Hypnotisieren Sie mich doch trotzdem - ich mach es auf eigene Verantwortung!"
"Glauben Sie mir, mein Gefühl sagt mir, dass die Hypnose das richtige für mich ist - da wird schon nichts passieren!"
"Meine Erkrankung (die gegen die Hypnose spricht) ist durch Medikamente doch so gut eingestellt, das macht bestimmt nichts!"
"Die Hypnose ist aber meine letzte Hoffnung. Wenn Sie mich nicht behandeln, kann mir gar nichts mehr helfen!"
Machen Sie sich in solchen Fällen bewusst, dass Sie als Therapeut die Verantwortung für eine Behandlung niemals abgeben können.
Selbst wenn der Klient betont, dass er auf eigene Verantwortung behandelt werden möchte, kann man Sie bei einem negativen Verlauf einer Behandlung verantwortlich machen und das Argument "Ich habe den Klienten aufgeklärt und er wollte trotzdem behandelt werden" gilt hier nicht, da Sie als Behandler die Verantwortung für eine fachlich korrekte Anwendung Ihrer Methoden tragen und diese Verantwortung niemlas relativierbar oder gar übertragbar ist.
Wenn Sie zur Überzeugung gekommen sind, dass bei einem Klienten eine Kontraindikation vorliegt, die einen Einsatz der Hypnose verbietet, lassen Sie sich nicht zu etwas anderem Überreden. Auch wenn der Klient Ihnen noch so glaubhaft versichert, dass Sie in seinem Fall eine Ausnahme machen können, sollte Ihnen immer klar sein, dass seine Intention ausschließlich die ist, sein Behandlungsziel zu erreichen und dass er mögliche Komplikationen, die aufgrund der vorliegenden Kontraindikationen im Rahmen einer Hypnosebehandlung entstehen können möglicherweise gar nicht abschätzen kann. Im Nachhinein könnte er dann argumentieren "Ich hab zwar gesagt, ich will die Behandlung auf eigene Verantwortung, aber ich konnte ja nicht ahnen, wie es mir danach dann geht. Sie hätten das niemals zulassen dürfen!".
Was ist bei verschwiegenen Kontraindikationen?
Wenn der Klient Ihnen Kontraindikationen oder möglicherweise falsche Erwartungen in Bezug auf die Hypnose verschweigt, können Sie natürlich auch nicht verantwortlich gemacht werden, wenn die Behandlung anders verläuft als der Klient sie sich evtl. vorgestellt hätte.
Trotzdem sind Sie als Therapeut verpflchtet, sorgfältig vorzugehen und vor einer Behandlung eine ausreichende Anamnese bspw. anhand eines auf die Bedürfnisse einer Hypnosebehandlung abgestimmten Anamnesebogens durchzuführen.
Wenn Sie ein Klient im Rahmen der Anamnese belügt oder Ihnen wichtige Informationen verschweigt, dann können diese natürlich auch nicht in Ihre Beurteilung seiner Situation und in Ihren Entwurf eines geeigneten Behandlungskonzeptes einfließen. Wir raten deshalb, Anamnesebögen vom Klienten unterschreiben zu lassen, damit Sie im Nachhinein nachweisen können, welche Informationen Ihnen zur Verfügung standen und sich nicht vorwerfen lassen müssen, wichtige Aspekte nicht berücksichtigt zu haben, von denen Sie gar nichts wussten.
Wie kann ich vorbeugen?
Wenn Sie vorbeugen möchten, dass solche Situationen erst gar nicht entstehen, können Sie einige einfache Maßnahmen ergreifen:
Gestalten Sie Ihr Marketing so, dass es keine unrealistischen Erwartungen bei Ihren Klienten schürt. Verzichten Sie auf Beschreibungen von Behandlungsverläufen bei "Rekordklienten", bei denen alles optimal lief, die aber nicht repräsentativ sind und weisen Sie darauf hin, dass die Dauer einer Hypnosetherapie von verschiedenen Faktoren wie der Intensität und der Dauer des Vorhandenseins des zu behandelnden Themas, der Mitarbeitsbereitschaft des Klienten, der Art der Behandlung ansich und der Verarbeitungsgeschwindigkeit des Unterbewusstseins abhängt. Hierzu können Sie bspw. auch den Aufklärungsbogen für Hypnose-Neuklienten nutzen.
Befragen Sie den Klienten schon bei der Terminvereinbarung kurz zu seinen Behandlungszielen und den wichtigsten Kontraindikationen und informieren Sie ihn schon vorab, wenn Sie der Meinung sind, dass mehr als eine Sitzung notwendig sein könnte oder lehnen Sie die Behandlung schon von Beginn an ab, wenn eine Kontraindikation vorliegt, die einen Einsatz der Hypnose verbietet. Schicken Sie ihm ggf. den Aufklärungsbogen für Hypnose-Neuklienten per E-Mail zu.
Versuchen Sie nicht, eine Behandlung günstiger darzustellen als sie ist. Wenn Sie der Meinung sind, dass eine bestimmte Anzahl an Sitzungen benötigt wird, dann teilen Sie dem Klienten dies mit und versuchen Sie nicht, ihn erst einmal zu "gewinnen" indem Sie ihn zu einem ersten Termin einbestellen, um "dann mal zu schauen" und ihm dann mitzuteilen, dass bei dieser Art von Behandlung ohnehin mehrere Termine üblich sind.
Verwenden Sie einen geeigneten Anamnesebogen und lassen Sie sich diesen auch unterschreiben, um eventuelle Diskussionen über das Vorliegen behandlungsrelevanter Informationen im Nachhinein ausschließen zu können
So gehen Sie den meisten diesbezüglichen Hürden schon aus dem Weg und gewährleisten damit eine reibungslose, missverständnisfreie Arbeit mit den Klienten in Ihrer Praxis.
Wie viele Sitzungen benötigt eine Behandlung?
Um dem Klienten ein realistisches Bild von einer möglichen Behandlung geben zu können, stellt sich natürlich auch die Frage, welche Behandlungsdauer man als Therapeut für ein bestimmtes Thema prognostizieren sollte.
Informationen zu diesem Thema finden Sie im Artikel Wie viele Sitzungen soll ich für eine Behandlung / Therapie veranschlagen?